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Ahnenforschung




Robert Gustav Küenzlen


Rede am Grab
des

Robert Gustav Küenzlens

Mühlebesitzer

geboren in der Rüflensmühle am 26. März 1840,
gestorben daselbst am 16. Januar 1894,
beerdigt in Oppenweiler an 18 Januar 1894

Gehalten von
Herrn Pfarrer Kalckreuter
in Oppenweiler

Backnang
Druck von Friedrich Stroh
1894


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, dem Vater der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal

Amen

Hosea 6,1: Kommt, wir wollen zu dem Herrn, denn er hat uns zerrissen, er wird uns auch heilen; er hat uns geschlagen, er wird uns auch verbinden

In dem Herrn geliebte Leidtragende!
Verehrte Trauerversammlung!

Ein erschütternder Todesfall ist es, um des willen wir allhier versammelt sind mit schmerzbewegtem Herzen und in teilnehmender Trauer. Erschütternd rasch ward der teure Entschlafene, der erst im vierundfünfzigsten Jahr seines Lebens stund und der jüngste unter seinen Brüdern war, seiner Familie entrissen. Wenn gleich seit einigen Wochen unwohl, fühlte er sich doch nicht schwer und gefährlich krank, und an einen tödlichen Ausgang dachte weder er, noch eines der Seinigen, noch der Arzt, welcher ihn behandelte, am allerwenigsten gerade am letzten Tag seines Lebens, an welchem er sich wohler als sonst fühlte, bis plötzlich am Abend das Bewusstsein zu schwinden begann und deutliche Zeichen den nahenden Tod anzeigten, der um Mitternacht seinem Leben ein Ziel setzte.

Wenn der Tod also, fast wie der Blitz aus heiterem Himmel, über einen Menschen kommt und ihn hinlegt in den Staub der Verwesung; wenn er mit kalter Hand hereingreift ins warme Menschenherz und auseinanderreißt, was durch Gottes Ordnung miteinander verbunden war; wenn er ein Menschenleben, das vielen Teuer war und den Hinterbliebenen unersetzlich scheint, wie im Sturm dahinrafft, so ergreift das Menschenherz, das an sich schon ein natürlich Grauen vor dem Tod empfindet, ein Schrecken und Entsetzen vor solcher Macht der Vernichtung, vor solchem Elend der Sterblichkeit, und das Herz kann nur verzagen und verzweifeln oder hinfliehen zu dem, der allein feststeht, auch wenn alles wankt und fällt, zu dem Gott, der unsere Zuflucht ist für und für. Zu ihm wollen wir denn auch jetzt unsere Zuflucht nehmen : kommt, wir wollen zu dem Herrn; denn er hat uns zerrissen, er wird uns auch heilen; er hat uns geschlagen, er wird uns auch verbinden. Wir wissen´s ja und haben´s genugsam schon in unserem Lenen erfahren : er sitzt im Regimente und führet alles wohl; es kann uns nichts geschehen, denn was er hat ersehen und was uns selig ist; er hat das Los von unseren Tagen und unseres Lebens Glück und Plagen und Güt´ und Weisheit uns bestimmt; er hat noch niemals was versehen in seinem Regiment, nein, was er thut und lässt geschehen, das nimmt ein gutes End´. Er selbst bezeigt es ja in seinem heiligen Worte : Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen; aber meine Gnade soll nicht von dir weichen und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer.

Dies zu glauben und fassen, wird freilich jetzt den tiefbetrübten und schmerzerfüllten Hinterbliebenen des teuren Dahingeschiedenen unendlich schwer, insbesondere der gebeugten Witwe, die in fast siebenundzwanzigjähriger Ehe mit ihm verbunden war und ihn auf seinem Krankenlager mit treuester Liebe und Sorgfalt pflegte, sowie den vier Söhnen, die des Vaters Fürsorge, Beistand und Leitung noch lange schwer vermissen werden, und den Brüdern, für welche das Haus des jüngsten Bruders als ihre alte Heimat der Mittelpunkt war, zu dem sie aus der Ferne sich immer wieder hingezogen fühlten und in dem sie nach kürzerer oder längerer Abwesenheit so gern wieder einkehrten. Sie alle stehen schmerzlich erschüttert um dies offene Grab, und wir begreifen es wohl, dass die Witwe samt ihrer Kinder jetzt mit ernster Sorge in die Zukunft blickt, dass jetzt alles dunkel ist um sie her und die Seele müd´ und freudenleer dass jetzt aus ihrem umnachteten und verzagenden Herzen die wehvolle Frage gen Himmel steigt : Herr, warum hast du uns das gethan? Herr, wes soll ich mich trösten?

Aber, Geliebte, ist nicht das schon ein grosser Trost, dass der Entschlafene durch einen so sanften und leichten Tod von seinen Leiden erlöst worden ist, dass er nicht, wie so mancher andere, jahrelang aufs Siechbett gelegt ward? Ist das nicht Gottes Gnade bei allem Unglück? Und will nicht Gott, der Herr, gerade durch solche schwere Heimsuchungen, mit denen er bei uns einkehrt, unsere Herzen losmachen von dieser vergänglichen Welt und hinaufziehen ins Reich des Lichts und des Lebens? Will er nicht in einer solchen Trauerzeit uns beiseite nehmen, uns in die Stille führen, auf dass da der heilige Geist sein verborgenes Werk an uns treiben und etwas in uns schaffen könne, was da bleibt ins ewige Leben? „Ich will dich in eine Wüste führen und freundlich mit dir reden“, so spricht der Herr jetzt in diesen Schmerzenstagen zu der tiefgebeugten Witwe. Wie eine Wüste liegt ihr künftiges Leben da vor ihrem geistigen Auge. Aber in dieser Wüste ist der Herr ihr nahe und redet ihr freundlich zu : „Ich habe Gedanken des Friedens über dir und nicht des leides; ich habe dich je und je geliebt und habe dich zu mir gezogen aus lauter Güte!“ O möchte sie doch mit ihren Kindern und allen den Ihrigen diesem Zuge der göttlichen Gnade, der sich jetzt so mächtig fühlbar macht, willig folgen und dem Wirken des göttlichen Geistes stille halten, so wird aus der Tränensaat schon hier in der Zeit und noch mehr in der Ewigkeit eine Freudenernte erwachen, und sie alle werden dereinst noch lobend und dankend dem himmlischen Vater bekennen müssen:

Die Wege sind oft krumm und doch gerad;
Darauf du lässt die Kinder zu dir geh´n,
Da pflegt`s oft wunderseltsam auszuseh´n,
Doch triumphiert zuletzt dein hoher Rat.

So wird die Weisheit und Güte, die Liebe und Treue unseres Gottes auch über diesem Grabe triumphieren. Wohl dem, der auch unter den Schrecken des Todes und Grabes in seines Gottes Hand sich weiss! Wohl dem, der im Leben und im Sterben seines Gottes gewiß ist und von ihm Frieden und Freude, Leben und volle Genüge empfängt! Nicht alle sind so glücklich; manche machen sich selbst unglücklich und elend, indem sie die Ewigkeit leugnen, die sie im Herzen tragen und die ihr Gewissen ihnen täglich bezeugt : friedlos und trostlos, freudlos und gefühllos, starr und verknöchert, mit leerem und ödem herzen, mit selbstsüchtigem und lieblosem Gemüte, und verdüstertem und gebundenem Geiste gehen sie ihren selbsterwählten Weg, für jeden denkenden und fühlenden Menschen ein Beweis dafür, dass der Unglaube des Menschen Leben vergiftet und verwüstet. Wie ganz anders steht doch dem gegenüber unser heimgegangener Mitbruder im Geiste vor uns da! Wie hat der lebendige Christenglaube, den er in seinem Herzen trug und den er so freudig in seinem Wandel bezeugte durch Wort und Werk, ihn zu einem Manne gemacht, auf dem der Menschen und gewiß auch Gottes Wohlgefallen ruhte! Wie gerne verkehrten wir mit ihm, wie hat er durch seine freundliche Art und sein liebevolles Herr, durch seinen frohen Mut und heiteren Sinn, durch sein reges und verständiges Interesse für alle Fragen des Lebens, durch seine Vaterlandsliebe und sein soldatisches Bewusstsein, durch seinen starken und allezeit freudigen Geist, der ihm über so manche Sorgen des Lebens, über so manche Leiden des Leibes hinüberhalf und ihn aufrecht bleiben ließ auch in solcher Lage , wo andere verzagen und den Kopf hängen lassen – wie hat er durch all das uns, die wir ihn kannten, das Herz abgewonnen, so dass wir nur mit aufrichtigem Schmerz ihm nachschauen können in sein frühes Grab! Früh hat er sterben müssen und schnell, doch sicher nicht unvorbereitet. Auf mancherlei Weise hat Gott, der Herr, an ihm gearbeitet und ihn zu sich gezogen von Jugend auf durch so manche Krankheit und Schwachheit seines Leibes, sowie vornehmlich durch die Gefahren und Beschwerden der beiden Feldzüge, die er mitgemacht, seines Königs Rock und Ehren tragend und dem Vaterland dienend mit tapferem Mut. Der Herr ist damals gnädig an ihm vorübergegangen und hat an ihm wahr gemacht das Wort seiner Verheißung : Ob tausend fallen zu deiner Seite und zehntausend zu deiner Rechten, so wird es doch dich nicht treffen. Aber gewiss hat er gerade in jenen Tagen einen tiefen Eindruck von dem Ernst des Lebens und des Sterbens erhalten und erkannt:

Mein Theil ist nicht in dieser Welt,
Ich bin ein Gast auf Erden;
Ich soll, wann diese Hülle fällt,
Ein Himmelsbürger werden.

Möchten doch seine Hinterbliebenen diesen Sinn des Heimgegangenen sich bewahren und durch seinen Hingang sich recht fest an die Ewigkeit binden lassen! Möchten sie glaubend und hoffend, furchtlos und treu, mit willigem und freudigem Herzen ein Leben in Gott führen und nie vergessen:

Nur der ist zum Sterben fertig,
Der sich lebend zu ihm hält.

Amen.