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Ahnenforschung




Gustav Victor Küenzlen


Rede am Grab
des

Gustav Victor Küenzlens

Besitzers der Rüflensmühle

geboren am 4. Juli 1873,
gestorben am 29. Januar 1902,
beerdigt am 1. Februar 1902

Gesprochen von
Pfarrer Bertsch in Oppenweiler
Backnang

Druck von Fr. Stroh


Gelobt sei Gott und der Vater unseres Herrn Jesu Christi, der Vater der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal (2. Cor. 1,3f.)

In dem Herrn leidtragende Trauerversammlung!

Der Herr hat uns tief gedemütigt! Was wir wohl schon länger fürchten mussten und doch kaum glauben konnten, als es wirklich geschehen war,

was wir verhindert hätten, wenn es in unserer Macht gelegen gewesen wäre, wenn wir's vermocht hätten mit unseren Gebeten und Thränen, wenn es zu machen gewesen wäre durch ärztliche Kunst und liebreiche Pflege,

ja was uns fehlt noch angesichts der bitteren Wirklichkeit wie ein schwerer Traum vorkommen will und uns noch manchmal in Zukunft der schmerzlichen Frage auf die Lippen legen wird: „ist's möglich? warum aber?“ das ist geschehen; es ist geschehen am vergangenen Mittwoch Mittag 1 Uhr. Wer will sie zählen, die stillen und lauten Seufzer und Thränen, welche sie hervorrief, die Kunde:

„Unser Victor ist gestorben!“

Ja „unser Victor“; mit gutem Grund und Recht mit Stolz und Freude haben wir ihn „unser“ genannt; wir liebten ihn und er geht uns vom Herzen weg; in tiefer Demut und bitterer Wehmut schauen wir auf diese Bahre und sprechen:

„Es ist mit leid um Dich, mein Bruder; ich habe große Freude und Wonne an Dir gehabt; Deine Liebe ist mir sonderlicher gewesen, denn Frauenliebe ist.“ (2. Sam. 1,25)

Doch was will unser Schmerz bedeuten gegen den Schmerz derer, die ihn vor uns ihr eigen nennen durften, weil sie durch Bande des Blutes mit ihm verknüpft waren!

Voran die 59-jährige Mutter, in deren Herzen zur alten, kaum vernarbten und wieder neu blutenden Wunde, welche der Tod ihres unvergesslichen Gatten vor 8 Jahren ihr schlug, nunmehr eine neue gekommen ist, so wehtuend, so tief, dass sie wohl mit dem Propheten klagen mag:

„Unseres Herzens Freude hat ein Ende; unser Reigen ist in Wehklagen verkehrt, die Krone unseres Hauptes ist gefallen (Klagel. 5,16.);

nächst ihr die so früh zur Witwe gewordene Gattin, die nur ¾ Jahre lang einen Mann besitzen sollte, von dem sie wohl sagen durfte:

„Ich kanns nicht fassen, nicht glauben,
Es hat ein Traum mich berückt,
Wie hätt' er wirklich vor allen
Mich Arme erhöht und beglückt!“

Endlich die Geschwister, die selten wie ein 4-blättriges Kleeblatt, fein und lieblich wie Brüder einträchtig bei einander wohnten und in Freud und Leid treu zueinander standen.

Und nun: Euch allen – und dazu noch die Verwandten, die so unverhofft und aus so schmerzlicher Veranlassung das altheimatliche Haus heute betraten, nachdem sie im vorigen Lenzmonat erst sich mitgefreut, dass dem alten Stamm der Familie durch in neues Reis, wie sie hofften, auf ein Menschenalter der Bestand gesichert war und zuguterletzt die treuen Dienstboten, die in dem jungen Herrn des Hauses einen väterlichen Freund liebten und schätzten. –

Euch alle, alle soll ich jetzt trösten, soll aussprechen die Gefühle, die euer stürmisches Herz durchwogen und soll Balsam gießen auf hundert und aber hundert wunde Herzen.

Wahrlich, geliebte Leitragende, wäre ich nicht selbst ein an den Herrn Jesum Christum gläubiger Mensch und wüsste ich nicht, dass auch ihr der Mehrzahl nach erbaut sein wollt aus dem Glauben an Christum Jesum, wie elend stünden wir hier, wie bettelarm wären wir an diesem Grab; mich wenigstens hätte seine Macht der Welt hierher gebracht, den Herold eurer Gedanken und Gefühle zu machen. Denn was sollte ich euch zum Trost sagen, tiefbetrübte Leittragende, ohne den seligmachenden Glauben an den Mann von Bethlehem und Golgatha, an den Fürsten des Lebens? Aber in Ihm ist Trost, Trost auch für die tiefste Trauer, ja für die tiefste Trauer gerade der größte Trost.

Wohlan denn, lasset uns Panier aufwerfen als Christen über dieser Stätte des Todes und der Trauer und sie weihen mit einem Wort aus der h. Schrift, dessen ihr euch erinnern möget, so oft ihr das Andenken des teuren Toten erneuert. Es ist genommen aus dem großen Auferstehungskapitel des Apostel Paulus,

1 Cor 15,55 und 57

„Der Tod ist verschlungen in den Sieg; Tod
wo ist dein Stachel? Hölle wo ist dein Sieg?
Gott aber sei Danke, der uns den Sieg gegeben
hat durch unseren Herrn Jesum Christum“!
„Tod wo ist dein Stachel?“

Menschlich angesehen, gel. Leitragende, haben wir wieder einmal einen jener Todesfälle vor uns, in denen der Tod seinen verwundenden Stachel uns besonders schmerzlich zu fühlen giebt, wo sich uns mehr als in hundert anderen Fällen der Schmerzensruf aus dem Herzen ringt:

„O Tod, wie bist du so grausam!
O Tod, wie bist du so bitter!“

Um so mehr wollen wir uns hüten, die Bitterkeit nicht zu steigern und heute oder später uns mit der Frage härmen und zu quälen:

„Was ist die Ursache dieses Todes gewesen? Was hätte der Verewigte selbst, was hätten andere zur Abwendung des Todesverhängnisses thun können? Was hat ihm schon auf dem Krankenlager das Herz gebrochen, noch ehe es im Tode gebrochen war?“

Mit solch müßigen Fragen schaden wir nicht bloß uns selbst, indem wir das Gleichgewicht der Seele verlieren und jene Stille stören, die so nötig ist, wenn der Herr wirksam zu uns reden soll,

nein, wir würden uns auch mit solchen quälenden Fragen in Widerspruch setzen mit dem versöhnlichen, friedliebenden Wesen des Verblichenen selbst und seinen letzten Wunsch und Willen missachten, „es möge Friede sein und bleiben über seinem Grab.“

Wir wollen lieber, statt am Tod und seinem Stachel haften zu bleiben, das freundliche Lebensbild des Entschlafenen, wie es in uns lebt und sich mir in den letzten Wochen und Tagen und Stunden als das eines Jüngers Christi eingeprägt hat, uns nochmals vergegenwärtigen.

Gustav Victor Küenzlen ist geboren am 4. Juli 1873 als zweitältester Sohn des Robert Gustav Küenzlen auf der Rüflensmühle und der Pauline Amalie geb. Kaiser. Er besuchte die hiesige Volksschule vom Jahr 1880-1887 und absolvierte dieselbe als der Erste seiner Altersklasse mit einem in Fähigkeit, Fleiß und Sitten gleich gutes Zeugnis. Auf diese 7-jährige Schulzeit folgte für ihn eine 6-jährige Lehr- und Arbeitszeit im elterlichen Geschäft unter des Vaters ebenso liebreicher als ernster Leitung und Aufsicht.

Als er eben anfing, dem vom 70er Feldzug her kränkelnden und darum schonungsbedürftigen Vater eine rechte Stütze zu sein, wurde er zur Waffe einberufen und diente 2 Jahre lang beim 2. Württ. Feld.-Art.-Reg. Nr. 29 in Ludwigsburg. Seine damaligen Kameraden, wenn sie in kommenden Tagen die Trauerbotschaft lesen, werden einer wie der andere sie aufnehmen mit einem ebenso wehmütigen als aufrichtigen:

„Ich hatte einen Kameraden,
Einen besseren find man nicht“

wie auch die zahlreichen Freunde der Vereine, denen er als eines ihrer tüchtigsten und würdigsten Glieder angehörte, diesem Sarg gefolgt sind mit dem Gefühl im Herzen:

„Ihn hat es weggerissen,
Er liegt zu meinen Füßen,
Als wär's ein Stück von mir“

Seine Soldatenzeit, die er mit Leib und Seele, wie überhaupt alles, was ihm zu thun oblag, mitmachte, erfuhr für ihn die denkbar schwerste Trübung durch den unerwarteten Tod seines guten Vaters, an dem er mit ganz besonderer Liebe und Ehrfurcht gehangen.

Beehrt durch das persönliche Vertrauen seines Batteriechefs und seiner Entlassung mit einem Unteroffizierspatent versehen, kam er im Herbst 1885 heim, um das verwaiste Geschäft in die Hand zu nehmen und es im Sinne des Vaters weiterzuführen. Diese Aufgabe hat er gelöst mit einer wahrhaft mustergültigen Gewissenhaftigkeit und Treue. Daneben bewies er gegen jedermann ohne Unterschied eine Liebenswürdigkeit und Gefälligkeit, eine Freundlichkeit und Dienstfertigkeit, die ihn zu einer allgemein beliebten Persönlichkeit machte; in seinem streng soliden Wandel und der Wahrung eines gediegenen und zuverlässigen Charakters, galt er nicht etwa bloß seinen Altersgenossen, sondern auch gereiften Männern als Vorbild.

Obgleich er sich als Geschäftsführer der Mühle befriedigt fühlte und selbst keine Änderung der Lage wünschte, ließ es ihm doch die allzeit zarte Rücksicht auf seine Mutter, zumal als diese ernstlich erkrankte, geraten scheinen, einen eigenen Hausstand zu gründen und das Geschäft ganz auf sich zu übernehmen, was dann auch im Mai v. J. geschah, indem er sich verband mit der ihn überlebenden Sofie geb. Pfizenmaier von Strümpfelbach und so gleichzeitig der Mutter eine Schwiegertochter, und dem Geschäft eine junge Hausfrau zuführte.

Aber die Todesahnungen, die ihn damals schon mehrfach erfüllten und bekümmerten, sollten noch in gleichem Jahr sich verwirklichen. Am Ende des alten Jahres überfiel ich ein schweres, heimtückisches Leiden, das ihn, der es anfangs nicht bedenklich fand, aufs letzte Lager warf. Sein erstes Weihnachten im Ehestand, schon durch diese dunkle Wolke, die sich über dem Haus zusammenzog, getrübt, sollte zugleich sein letztes auf dieser Erde sein. Mehr und mehr wurde sich des Ernstes seiner Lage bewusst. Und wenn auch in flüchtigen Hebungen der Gesundheit der Gedanke an Genesung manchmal auftauchte – eine Hoffnung, die belebt wurde durch seinen eigenen Wunsch, unter uns bleiben zu dürfen – so hinderten dieselben doch nicht, mit allem Ernst sich zum Heimgang anzuschicken. Er nutzte sein fünfwöchentliches Schmerzenslager mit Eifer dazu, sich eng mit seinem Erlöser zusammenzuleben. Noch einmal beichtete er und zwar ohne alle Schonung seiner selbst; noch einmal empfing der das h. Abendmahl mit dem beseligenden Erfolg, dass er sagen konnte:

„Nun bin ich ganz ruhig, mag kommen, was will.“

Alle, mit denen er im Verkehr gestanden und die er verletzt zu haben meinte, hat er kindlich und demütig um Verzeihung, wie er selbst auch von herzen vergab; konnte er diesen letzten Frieden mit solchen nicht mehr schließen, die ferne von ihm blieben, so beauftragte er die Seinen, es in seinem Namen zu thun und ja nicht über seinem Grab zu zanken.

Für alles war er dankbar; um alles bat er; in allem bewies er eine rührende Geduld und Ergebung. Mit rücksichtsvoller Zartheit vermied er alles, was den Seinen hätte das Herz beschweren können. Mit klarem Bewusstsein und fester Stimme ordnete er noch seine irdischen Angelegenheiten.

Und zuletzt: Wie herzinnig und herzergreifend war der Abschied von den Seinen; wie ermahnte er sie: „Werfet euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat!“ Wie zartfühlend und wahrhaft priesterlich tröstete er noch seine Mutter und seine Gattin, zu jener sich wendend: „siehe, das ist deine Tochter“ – und zu dieser: „ siehe, das ist Deine Mutter!“ –

Wie verklärte sich sein Antlitz, als er, seines baldigen Eintritts in ein schöneres herrliches Reich gewiß, jubelnd rief : „Was wird der Vater sagen, wenn er mich kommen sieht? er wird sagen: hier kommt mein Liebling!“ Ja nirgends schaute ein gebrochener Mensch heraus – nur eine Angst lag ihm noch am Herzen: sterben wollte er gern, aber vor der Stunde des Sterbens bangte ihm; um ein gnädiges sanftes Stündlein mussten wir zuletzt für ihn bitten und bat er selbst mit dem stets widerkehrenden Ruf zum Himmel:

„Mein Gott, ich bitt' durch Christi Blut
Machs nur mit meinem Ende gut;“

Und der Gott, der Gebete erhört, hat auch ihn erhört. Sein Sterben war ein sanftes Einschlafen; ja eingeschlafen ist er, hinübergeschlafen in die selige Ewigkeit, wie ein von den Engeln Gottes Eingewiegter.

Wenn wir auch nur ein Zucken auf dem sonst so entstellten Angesicht bemerkt, wenn wir auch nur ein Röcheln vernommen, nur eine Spur von Todeskampf erblickt hätten, so wollten wir es anders nennen, als ein Einschlafen.

Aber nein! Nur das allmähliche Zusinken und Ermatten seiner großen treuen blauen Augen, die uns zuvor noch so treu angeblickt hatten, waren das Zeichen, welches die eingetretene Abreise der Seele in die bessere Welt verkündigte und uns inne werden ließ, dass wir nur noch eine kalte, leere Hülle von Fleisch und Bein vor uns hätten.

Wahrlich, man muß das gesehen haben, um keinen Augenblick mehr daran zu zweifeln, dass solchem Anfang eines mit Christo in Gott verborgenen Lebens auf diesem irdischen Tränenfeld eine über alle Maßen wichtige Herrlichkeit dort oben in der seligen Heimat gefolgt sein müsse.

Aber auch wer es nicht gesehen hat, wer es nur hört, kann sich dem Eindruck nicht verschließen, „wenn es auch nicht wert wäre, ein Christ zu sein, um christlich zu leben, so wäre es doch wert, ein Christ zu sein, um christlich sterben zu können.“

Meine Leichenrede ist bisher eine Lobrede gewesen fast? Durchaus, gel. Trauergemeinde, und das könnte bedenklich erscheinen, wenn man erwägt, dass wir es doch auch hier mit einem sündigen Menschenkind zu thun haben.

Aber ich kann es nicht ändern, m. Freunde, ich kann keinen wesentlichen Makel an seinem Bild entdecken und zwar deshalb, weil seine Gestalt rein gewaschen ist durch das Blut des Lammes und überkleidet mit dem Ehrenschmuck der Gerechtigkeit Christi.

An ihm lässt sich lernen, was es heisst:

„Philippum lobe ich nicht, er ist eine Creatur; aber Gottes Werk preise ich in Ihm“ – so sagte Luther, als er mit begeistertem Herzen und fröhlicher Zunge das Lob seines Teuren Freundes Philipp Melanchton gesungen. Von diesem unserem Freund lässt sich das nämliche sagen:

„Ihn loben wir nicht; er ist eine Chreatur; aber gelobt sei Gott, der ihm den Sieg gegeben hat durch unseren Herrn Jesum Christum“!

Sein Glaube an den für uns gestorbenen und auferstandenen Heiland ist wirklich für ihn geworden zum Sieg, der die Welt überwunden hat, die Welt mit allem was ihm noch lieb und wert war. Als ein Held hat er dem sichern Tod ins Auge geschaut und ihn bezwungen durch den, der „dem Tod die Macht genommen und ewiges Leben ans Licht gebracht hat“; als ein Held hat er überwunden und seinem Taufnamen alle Ehre gemacht : denn „Victor“ heißt „Sieger“ ; und wir vor bald 29 Jahren bei seiner h. Taufe sein Rufname in die innigste und heiligste Verbindung gebracht worden ist mit dem „Namen, der über alle Namen ist,“ so konnte er nur durch ihn und in der Lebensgemeinschaft mit ihm rufen, wie er noch einen Tag vor seinem Ende gethan – mit klarer, kraftvoller Aeußerung seines innersten Wesens, mit gehobener Stimme, mit verklärt lächelndem Antlitz, mit begeistertem Emporheben der Arme und Hände:

„Nun hab` ich überwunden Kreuz, Leiden, Angst und Not;
Durch Christi heil´ge Wunden bin ich versöhnt mit Gott“.

Urteilt selbst, gel. Leitragende, ob es nur eine hohle Dekoration, ein leerer Schall ist oder eine kraftvolle selige Wahrheit, wenn wir dieses unseres Freundes Grab schmücken und sein Bild umrahmen mit dem Triumphruf: „der Tod ist verschlungen in den Sieg : Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg? Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch unseren Herrn Jesum Christum“!

Wie aber dem Heimgegangenen selbst dieser sein Christenglaube die Kraft zum guten Kampfe und zur seligen Vollendung gab, so liegt auch für die Hinterbliebenen in diesem unserem Glauben die reichste Quelle des Trostes. Wirklich trauern, trostlos, hoffnungslos trauern dürfen wir doch eigentlich als Christen nur um seinen solchen Menschen, der im Unglauben und ohne Buße von hinnen fährt und für den wir fürchten müssen, dass der Himmel ihn nicht aufnahm, als die Erde ihn ausließ.

Was es aber für eine Gnade ist, ein gläubiger Christenmensch zu sein, an einen Schöpfer zu glauben, der nicht bloß die Erde, sondern auch einen Himmel geschaffen, an einen Erlöser zu glauben, der da ist der höchste Tröster in aller Not. –

Was das für eine große Gnade ist, in diesem Christenglauben eingewurzelt zu sein, meine Teuren, dessen sind wir an dem Krankenlager unseres vollendeten Mitchristen wieder inne geworden und davon durften wir uns an diesem Sterbebett mit stiller Freude überzeugen, wo der Tod, dieser dunkle König der Schrecken, seine gefürchtete Hand auf ein uns besonders teures Leben gelegt hat.

So stehen wir hier und schauen ihm nach, wohl mit nassem Auge, aber doch getrostem Herzen. Wir sind nicht geschieden, sondern bleiben verbunden, wir hier unten, als die noch streiten und arbeiten sollen und den letzten schweren Gang noch vor uns haben, und die droben, welche überwunden haben und feiern dürfen. So nötig ist es, dass der Herr mit solch schmerzlichen Todesfällen ein Band nach dem anderen durchschneidet, das uns an diese Erde knüpft und sie uns fremder macht mit solch schweren Verlusten, so heilsam ist es auch und schön, dass er uns durch solch teure Heimgegangene den Himmel immer heimatlicher, den eigenen Tod immer leichter, freundlicher, ja erwünschter macht.

Wenn deine Lieben von Dir gehn,
Blick auf in deinen Trähnen !
Gott will, du sollst gen Himmel sehn
Und dich nach oben sehnen.
Und schied er durch des Todes Hand
Dich von den Lieben allen,
So wirst du nach dem Vaterland
Nur um so leichter wallen.
Ein Pilger, gehst du durch die Welt,
Die Heimat aufzufinden;
Bricht ab der Tod dein Wanderzelt,
Wird all' dein Kummer schwinden.
Die letzten Thränen sind geweint,
Nichts kann dich mehr betrüben;
du bist auf Ewigkeit vereint
Mit allen deinen Lieben.

Dieses Vollendungsziel mögen die schwergeprüften Hinterbliebenen des Verblichenen unverrückten Blicks im Auge behalten, damit ihnen von da aus das milde Licht des Trostes zufließe, der allein wahrhaft erquickt, und des Friedens, den die Welt nicht hat und darum nicht geben kann.

Dieses Ziel möge letztlich von uns allen erreicht erreicht, dieser Sieg von uns allen erstritten, die Ueberwinderkrone uns allen beigelegt werden durch die gnädige Hand des ewigen Richters, welchem sei Ehre und Macht und Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit,

- Amen ! -

Gebet.

Liebreicher Vater! Wir danken dir für alles, was du an diesem unseren 1. Freund gethan hast, für Leben und Wohltat, für seine 1. treuen Eltern und für die freundliche Führung in seiner Jugend. Wir danken dir für Freude und Kreuz, wie du sie mit weiser Hand an ihn verteilt hast. Wir danken dir auch für die letzte Krankheit, in welcher du das Reis des Glaubens zu schöner Blüte entfaltet und endlich für das freundliche Sterbestündlein, das du ihm auf seinen Wunsch noch bereitet hast.

Und nun bitten wir dich : nimm diesen Leib auf in den Schoß der Erde und heb ihn da auf bis zu jenem Tag, wo du ihn herrlich und verklärt auferwecken wirst.

Lieber treuer Gott ! beweise du deine Gnade und Kraft an den Hinterbliebenen. Stille die Thränen der alternden Mutter und der jungen Gattin und laß sie fleißig hinaufblicken in die Herrlichkeit, in welche der Sohn und Gatte vorangegangen ist.

Den Geschwistern, Verwandten und Freunden allen, welche dem Leitragenden und Sterbenden in so herzlicher Treue bis zuletzt zur Seite gestanden haben, wollest du es lohnen, der du ja keinen Trunk kalten Wassers, in Christi Namen gereicht, unvergolten lassen willst.

Uns alle aber, die wir um dieses Grab stehen, wollest du bedenken lehren, dass wir klug werden. Laß es auch bei uns in der letzten Stunde in der ganzen Bedeutung des Wortes heißen :

„Der Tod ist verschlungen in den Sieg ! Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg ? Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch unseren Herrn Jesum Christum.“